FoodTech & E-Food im September 2025

FoodTech & E-Food im September 2025: Ein Monat zwischen Umbruch und Aufbruch

Der September 2025 markiert einen spannenden Wendepunkt für die europäische FoodTech Branche. Während einzelne Segmente weiterhin unter Marktdruck stehen, sind in anderen Bereichen deutliche Zeichen eines neuen Aufschwungs erkennbar. Vor allem Biotech, funktionale Lebensmittel und hybride Kategorien gewinnen an Dynamik, während Plant-Based in eine Konsolidierungsphase eintritt. Zumindest in eine Vorphase wie aus einigen Gespräch ersichtlich wurde.

Der Markt der Alternativen Proteinquellen spiegelt alle Entwicklungen sehr gut wieder: Einerseits kämpfen viele etablierte Marken weiterhin mit stagnierender Nachfrage, Preisdruck und zunehmender politischer Regulierung. Andererseits gibt es bemerkenswerte Ausnahmen, das trotz eines allgemein schwierigen Umfelds kräftig wächst. Neue Produkte – von veganen Nudeln bis zu pflanzlichen Fetten und Kakaobutter-Alternativen – zeigen, dass Innovationskraft nach wie vor vorhanden ist. Politisch rückt das Segment jedoch stärker ins Visier: Die Debatte um Bezeichnungen für pflanzliche Fleischalternativen gewinnt erneut an Intensität, und das EU-Parlament sendet erste Signale für strengere Regeln. Für Marken wird es damit noch wichtiger, sich über Geschmack, Clean Label und funktionale Vorteile zu differenzieren.

Ganz anders präsentiert sich das Bild im Bereich Fermentation und Ingredients. Kaum ein Segment zeigt derzeit so viel Innovationsdruck und Investitionsinteresse wie fermentationsbasierte Proteine, Lipide und funktionale Inhaltsstoffe. Unternehmen wie Nourish Ingredients eröffnen europäische Hubs, um die Nähe zu Herstellern und Regulatoren auszubauen. Gleichzeitig gewinnen Precision Fermentation und Molecular Agriculture an Bedeutung, weil sie globalen Rohstoffrisiken entgegenwirken und Marken helfen, stabile Lieferketten aufzubauen. Für viele konventionelle Lebensmittelhersteller werden diese Technologien zu strategischen Stellhebeln – nicht nur für Plant-Based, sondern auch für klassische Produktlinien, die sauberere, nachhaltigere oder funktionalere Zutaten suchen.

Dies haben wir auch durch unsere Teilnahme am ProVeg Demo Day feststellen können, bei dem wir durch unsere Teilnahme in der Jury einen guten Einblick in viele neue Innovationen bekommen haben.

Parallel dazu erlebt der Markt für Hybridprodukte einen deutlichen Aufschwung. Die Kombination aus pflanzlicher Basis und tierfreien, fermentierten Proteinen oder Fetten setzt sich als realistische Brückentechnologie durch – sowohl geschmacklich als auch regulatorisch. Während Hybrid wächst, bleibt Cultivated Meat im September von starken politischen Gegenwinden in Europa geprägt. Regulatorische Verzögerungen, mediale Debatten und nationale Verbotsinitiativen schaffen Unsicherheit. Trotz dieser Herausforderungen investieren Startups weiter in Zelllinienentwicklung, Skalierung und Aromaforschung, und international – insbesondere in Singapur – entstehen neue regulatorische Öffnungen. Die technische Entwicklungsdynamik bleibt hoch, auch wenn die politische Debatte das Tempo vorerst dämpft.

Im E-Food- und Retail-Bereich setzt sich währenddessen ein massiver Wandel hin zu KI-gestützten Geschäftsmodellen fort. Händler experimentieren mit ChatGPT-basierten Einkaufsschnittstellen und personalisierten Empfehlungen, die Einkaufsprozesse vereinfachen und Conversion Rates erhöhen sollen. Gleichzeitig wächst Social Commerce weiter – insbesondere in Gen-Z- und Gen-Alpha-Zielgruppen. Anime-Drink-Brands, gut verdauliche Functional Snacks und Micro-Influencer-getriebene Produktlaunches zeigen, wie stark Unterhaltung, Identität und Food inzwischen verschmelzen. E-Commerce-Brands im funktionalen Getränkesegment profitieren von dieser Entwicklung besonders, während klassische D2C-Marken ohne starke Community stärker unter Druck geraten. Insolvenzen wie jene von Hye oder die Konsolidierung von CrowdFarming und Marktschwärmer verdeutlichen, wie anspruchsvoll das aktuelle Umfeld für Direct-to-Consumer-Modelle ist.

Ein weiterer Trend des Monats ist der wachsende Einfluss von GLP-1-Medikamenten wie Ozempic und Wegovy auf Kaufverhalten und Produktentwicklung. Hersteller reagieren zunehmend mit kalorienärmeren, proteinreicheren und sättigenden Rezepturen, während funktionale Hydration-Brands und Anti-Snack-Drinks neue Marktsegmente erschließen. Der Launch von Dryll durch André Schürrle und weitere funktionale Getränkekonzepte zeigen, wie schnell sich Innovationszyklen im Beverage-Bereich weiter verkürzen. Zugleich verschiebt sich die öffentliche Aufmerksamkeit stärker auf Ernährungsgesundheit, Zuckerreduktion und Clean Label – Themen, die sich quer durch fast alle Kategorien beobachten lassen.

Spannend sind zudem die gesellschaftlichen Food-Trends, die sich im September verstärken. Der Airfryer-Boom beeinflusst Produktentwicklung, Rezepttrends und sogar die Positionierung ganzer Marken. Gleichzeitig erlebt das gemeinsame Abendessen eine überraschende Renaissance – angetrieben durch Social-Media-Challenges und das Bedürfnis nach Ritualen im Alltag. Mocktails, präbiotische Getränke und alkoholfreie Longdrinks gewinnen weiter an Beliebtheit, und neue Startups besetzen diesen Bereich zunehmend differenziert.

About the Author

Fabio Ziemßen

Fabio Ziemßen organisiert als Evangelist/Berater des E-Food Blogs deutschlandweit Treffen für Innovatoren und Startups aus dem Lebensmittel Umfeld (German Food Startup Meetups, Next Generation Food Think Tank, Startup Food Market etc.) und setzt sich für eine Vernetzung der internationalen FoodTech Szene ein. Seit August 2021 ist er Partner bei ZINTINUS und unterstützt Food Unternehmen mit Netzwerk, Expertise und Kapital. Von 2015-2016 war Fabio Ziemßen im Beirat der Digitalen Wirtschaft des Landes Nordrhein Westfalen. Seit 2017 ist er Mitgründer des Coworking Spaces Super7000 (www.super7000.de) in Düsseldorf und Gründer von #Foodnext (www.foodnext.de)

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